Corps Vitruvia - Chronik des 150. Bundesfestes (Auszug)

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Vorwort

Das 150. Bundesfest unserer lieben Vitruvia war ein herausragendes Ereignis in der Geschichte unseres Corps. Umfangreiche Vorbereitungen, geleistet von zahlreichen Aktiven und Alten Herren, haben es mit sih gebracht, dass die Herausgabe einer Festschrift im Vorfeld unseres Jubiläums unterblieben ist. Daher soll diese Chronik nun ein Zeugnis vom Verlauf des Festes ablegen.

Das Bundesfest hat eine große Zahl von Corpsbrüdern und Freundschaftscorpsbrüdern mit ihren Damen, sowie viele Gäste in München und am Tegernsee zusammengeführt. Etliche der Alten Herren haben sich nach langen Jahren zum ersten Mal wieder gesehen und es bot sich die Gelegenheit zum Kennenlernen zwischen den jungen Aktiven und Philistern. Dies hat zweifelsohne zur Festigung unserer Gemeinschaft beigetragen. Auch das Verhältnis zu unseren Freundschaftscorps Teutonia Stuttgart und Montania Clausthal, sowie zu den Wallbergern konnte mit Leben erfüllt werden.

Dieses Chronik zeigt in Wort und Bild den Ablauf und die Höhepunkte eines wunderschönen Festes. Wir hoffen, dass sie den Teilnehmern als bleibende Erinnerung dient und denen, die nicht teilnehmen konnten einen umfassenden Eindruck vermittelt.

Das Redaktionsteam:
Helmut Kahl
Heinrich Soffel
Marius Eberlein

im April 2014

 

Begrüßungsabend am Donnerstag, 13. Juni 2013

Der Begrüßungsabend fand im augustiner am platzl statt. Man hatte sich für diese Lokalität entschieden da abzusehen war, dass unsere Corpsetage, die nur ein paar Schritte entfernt liegt, dem großen Ansturm von Corpsbrüdern und Gästen nicht gewachsen sein würde. Eine Entscheidung, die nicht nur aufgrund der Räumlichkeiten getroffen wurde, sondern auch weil das Augustiner am Platzl ein historischer Ort für Vitruvia ist. An gleicher Stelle befand sich früher die Regensburger Wurstküche. Dort trafen sich die Vitruven am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts regelmäßig in einer mit eigenen Bildern und Wappen geschmückten Stube.

In der Corpschronik von Corpsbruder Rohrer kann man hierzu folgendes Lesen: "Hier wurde der Frühschoppen und in manchen Semestern auch das Mittagessen abgehalten, hier traf man sich zum Dämmerschoppen und Exkneipen, hier spielten die Inaktiven ihre Dauerrumpel, hir warteten die Füchse (wenn nicht drüben im Restaurant Platzl) auf den Schluss der Convente. Nach größeren Kommersen, Fackelzügen, Bällen traf man sich hier bei Weißwurst und Bier."

Nach mehr als 100 Jahren hatte man sich also wieder an dieser Stelle zusammengefunden. Der im 1. Stock des Gebäudes reservierte Saal bot bis zu 100 Gästen Platz. Der Speiseplan war überwiegend bayrisch geprägt. Die Aktiven verzichteten größtenteils auf Dekoration und ließen die Einrichtung des Saales für sich sprechen. Auch gab es keine Musik, um den Gesprächen freien Lauf zu lassen. Am Eingang wurde ein Merchandisingstand aufgebaut, bei dem man neben Polohemden, Jacken und einer Fuchsenzeitung auch andere bedruckte Erinnerungsstücke wie ein Zippo-Feuerzeug mit Gravur oder verschiedene Krüge kaufen konnte. Allmählich füllte sich der Saal. Unter den Gästen waren viele für die jungen Aktiven bekannte Gesichter, aber auch Alte Herren, die man sonst nicht so häufig zu Gesicht bekommt und die für das Bundesfest aus allen Winkeln der Erde angereist waren. So kam es, dass Corpsbrüder anwesend waren, die auch schon das 100. Bundesfest selbst miterlebt hatten. Die Stimmung war fröhlich, ausgelassen und familiär. Nachdem der Senior CB Eberlein seine Begrüßungsrede gehalten hatte, wurde gemeinsam gegessen und getrunken. Bis in die späten Abendstunden heinein wurden anregende Tischgespräche geführt und ausgelassen gefeiert. Für alle Beteiligten - so schien es - war es ein schöner Abend in geselliger Runde und ein gelungener Start in ein historisches Bundesfestwochenende.

 

Freitag, 14. Juni 2013 Stehkonvent an der Vitruvius-Stele im Lichthof der Technischen Universität

Zu dieser traditionellen Corpsveranstaltung im Rahmen des 150. Stiftungsfestes begrüßte Corpsbruder Soffel die anwesenden Gäste, Corpsschwestern und Corpsbrüder. Die Stele in der Eingangshalle der Technischen Universität hat inzwischen auch schon ein ehrwürdiges Alter von 28 Jahren erreicht, denn sie wurde 1985 in einem feierlichen Akt von unserem damaligen Vorsitzenden des Philistervereins, Corpsbruder Klaus Bohlander, dem damaligen Präsidenten der Technischen Hochschule, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Wild, offiziell übergeben.

Corpsbruder Bohlander hatte zusammen mit einigen jungen Philistern nach der Suspension des Corps 1974 die Leitung des Philistervereins übernommen. In seiner Amtszeit wurde auch die Idee geboren, eine bleibende Erinnerung an das 1863 gegründete Corps zu schaffen, weil man ja noch nicht erahnen konnte, dass einige Jahre später, nähmlich 1982, die Restitution wieder gelingen würde.

Es ist einigen Corpsbrüdern zu verdanken, vor allem Albrecht Haenlein und Wolfgang Loecherer, aber auch vielen anderen, dass die Idee einer Vitruvius-Stele an einem besonderen Platz der Technischen Hochschule mit Zähifkeit und Engagement, aber auch mit der großen finanziellen Unterstützung zahlreicher Spender schließlich zum Erfolg führte. Als Bildhauer für die Skulptur aus Bronze konnte der bekannte Bildhauer Rolf Nida-Rümelin gewonnen werden. Immer wieder wurde gerätselt, welches Vorbild sich der Künstler für den Kopf es Vitruvius ausgewählt hatte. Ein Blick in unsere Corpschronik von Corpsbruder Max Rohrer hätte schnell für Klarheit gesorgt, denn offenbar war das Modell eine in Rom stehende Büste des Vitruvius.

Es sit immer wieder eine Freude zu sehen und zu erfahren, welche Wertschätzung die Vitruvius-Stele bei der Technischen Universität genießt. In den letzten beiden Jahren war sie von einer schützenden Holzverschalung umgeben, weil die Eingangshalle, in der wir uns jetzt befinden, vollständig renoviert wurde. Neuerdings trägt sie auch den Namen Vitruvius-Hof, wofür wir der Leitung der Technischen Universität besonders dankbar sind.

Corpsbruder Soffel schloss seine kurze Ansprache mit dem Wunsch, dass nicht nur der Stele, sondern auch dem Corps ein möglichst langes Leben beschieden sein möge und dass wir zusammen an diesem 150. Stiftungsfest noch viele frohe und heitere gemeinsame Stunden verbringen werden.

 

Frühschoppen im Augustiner Neuhauser Straße

Im Anschluss an den Stehkonvent an der Vitruvius-Stele trafen sich die Corpsbrüder und Freundschaftscorpsbrüder aus Stuttgart und Clausthal mit ihren Damen im Augustiner zum Frühschoppen. Die beim Begrüßungsabend begonnenen Gespräche konnten hier in zwangloser Runde bei gutem Augustiner Bier und Weißwürdten fortgesetzt werden.

Diese Gaststätte in der Fußgängerzone nahe beim Stachus hat für Vitruvia eine besondere Tradition. Der Frühschoppen anlässlich des Bundesfestes findet seit Jahrzehnten dort statt. Ebenso trafen sich hier bis in die jüngste Vergangenheit die Alten Herren mit Damen zweimal im Monat zum Stammtisch, oftmals gemeinsam mit den Aktiven.

 

Festkommers im Grünen Saal des Augustiner

Der Festkommers am Abend des 14. Juni war ein erster Höhepunkt des Bundesfestes. Die Vorbereitungen hierfür hatten bereit Monate vorher begonnen. Die Organisation lag in den Händen von Corpsbruder Karl-Heinz Knoche.

Vor dem Kommers war Gelegenheit zu eionem gemeinsamen Abendessen im gleichen Saal, an dem viele Corpsbrüder und Gäste mit ihren Damen teilnahmen. Die Damen konnten anschließend von der Empore aus den Kommers miterleben.

Bis gegen 20 Uhr waren die Corpsbrüder und Gäste - insgesamt 150 Personen - im Saale versammelt und mit einem ersten Bier versorgt. Sie erhoben sich von ihren Plätzen zum feierlichen Einzug der Chargierten unserer lieben Vitruvia, sowie unserer Freundschaftscorps Teutonia Stuttgart und Montania Clausthal. Die Chargierten nahmen auf der Bühne Platz, welche mit den Fahnen der drei Corps geschmückt war. Nach Eröffnung des Kommerses durch den Senior CB Eberlein wurde mit "Burschen heraus" das erste Lied angestimmt, begleitet von Corpsbruder Knoche auf der Bierorgel.

Anschließend begrüßte der Senior die Gäste und Corpsbrüder, von denen einige namentlich genannt wurden:

  • den ehemaligen Präsidenten der Technischen Universität München, Herrn Professor Dr. Otto Meitinger (er war Gastredner bei unserem 125. Bundesfest gewesen.
  • aus dem Münchner Senioren Convent Vertreter der CCs der Suevia, Normannia-Vandalia und Alemannia
  • den 1. Vorortssprecher der Weinheimer Senioren Convents Herrn Tim Neff, Alemanniae Karlsruhe
  • den 1. Vorsitzenden des Corpsphilisterverbandes München, Herrn Helmuth Rath, Hannovera Göttingen
  • den Vorsitzenden des örtlichen WVAC, Herrn Dr. Volker Heydrich, Cisariae
  • Unseren Fechtmeister, Herrn Thomas Wolf, Bavariae
  • die Alten Herren und Aktiven unserer Freundschaftscorps Teutonia Stuttgart und Montania Clausthal
  • Vertreter de befreundeten Akademischen Seglervereins in München
  • unsere Freunde vom Verein zur Erhaltung der Volkstracht D'Wallberger
  • zwei der drei Chargierten des 100. Bundesfestes 1963: Jürgen Thommel und Eberhard Langheld

Nach einer kurzen Zeit für ein allgemeines Kolloquium erklang das nächste Lied "Drei Klänge sind's". Danach beleuchtete der 1. Vorsitzende des Philistervereins, Corpsbruder Ulrich Reineke in einer Ansprache den Lebensweg des Jubilars Corps Vitruvia seit seiner Gründung im Jahr 1863. Er ging dabei ein auf die Opfer, welche der deutsch-französische Krieg und die beiden Weltkriege unter den Vitruven gefordert haben, auf die Auflösung des Corps 1936, sowie die Restitution 1949. Nach einer erneuten Einstellung des Aktivbetriebes im Jahr 1974 erfolgte eine zweite Restitution 1982 durch Reaktivierung von sechs Alten Herren und mit Hilfe des Corps Teutonia. Auch die verschiedenen Domizile des Corps vom ersten Corpsheim in der Münzstraße 9, über das Corpshaus in der Gabelsbergerstraße bis zum heutigen Corpsheim am Platzl 5 wurden erwähnt. Ebenso wurde die enge Verbindung zu unseren Freundschaftscorps Teutonia und Montania und zu den Wallbergern gewürdigt. Das heutige Corps aht sich durch Aufnahme von jungen Studenten auch anderer Nationalitäten kulturell geöffnet, lebt aber noch immer treu den Grundsätzen der ursprünglichen Konstitution. Er schloss seine Worte in der Überzeugung, dass wir hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können.

Das Lied "Student sein wenn die Veilchen blühen" war der Auftakt für die Festrede unseres Corpsbruders Professor Dr. Heinrich Soffel. Sein Exkurs über die 150 Jahre der Geschichte unseres Corps gepaart mit einer Würdigung der Leistungen und Bedeutung unseres Namensgebers Vitruvius fand allergrößten Anklang und bot reichlich Gesprächsstoff während des weiteren Verlaufs des Abends.

Zwischen den Strophen des Liedes "Die Gedanken sind frei" folgten die Grußworte einiger der begrüßten Gäste. Hervorzuheben sind dabei die Gratulationen seitens der Erstchargierten von Teutonia und Montania. Dabei wurde die erfreuliche Entwicklung und die Festigung der Freundschaft zwischen den Corps hervorgehoben. Diese hat auch dazu geführt, dass wir heute eine Reihe von Corpsbrüdern haben, die Bänder von Teutonia und Montania tragen und umgekehrt.

Als Geschenk von Teutonia wurde dem Senior eine Paradeschläger in den Farben Teutonia überreicht. Von Montania erhielten wir die Bronzestatue eines Bergmannes mit Grubenlicht sowie eine Schneekanone, welche das sprichwörtlich schlechte Wetter in Clausthal symbolisieren sollte.

Einen breiten Raum nahm das Grußwort des 1. Vorstands der Wallberger, Quirin Berghammer ein. Er war an der Spitze einer stattlichen Abordnung von Mitgliedern der Wallberger vom Tegernsee nach München gekommen. In seiner Rede ging er auf den Beginn und die weitere Entwicklung der Freundschaft zwischen Vitruven und Wallbergern ein. Einige Auszüge sind im Anschluß an den Redetext von Corpsbruder Soffel wiedergegeben.

Dann übergab Quirin Berghammer ein Fass Tegernseer Bieres, symbolisch für 150 Liter. Dieses sollte in einer Gemeinschaftsveranstaltung geleert werden. Ausserdem überreichte er eine Urkunde für die 60-jährige Mitgliedschaft des Philistervereins Vitruvia e.V. bei den Wallbergern. Die Rede und die Geschenke wurden von der Corona mit brausendem Beifall aufgenommen.

Es folgten noch die Lieder "Gold und Silber lieb ich sehr", sowie "O alte Burschenherrlichkeit", zu dessen letzter Strophe alle aufstanden und sich die Hände reichten.

Sodann verkündete der Senior das Ende des Kommerses und die Chargierten zogen unter Klavierbegleitung aus dem Saal. man blieb noch eine geraume Zeit bei angeregten Gesprächen und nicht geringem Bierkonsum im Saale versammelt.

Die Teilnehmer waren sich einig, dass dies ein würdiger und feierlicher Bundesfest-Kommers gewesen ist.

 

Rede von Corpsbruder Prof. Dr. Heinrich Soffel

Hochverehrte Festversammlung!

Bei einer Festrede anlässlich des 150-jährigen Stiftungsfestes des Corps Vitruvia liegt es nahe, sich nicht aktuellen Themen der Hochschulen oder gar der Politik zuzuwenden. Davon ist in den Medien genug die Rede. Vielmehr möchte ich mit Ihnen einen kleinen historischen Exkurs unternehmen. Er erstreckt sih nicht nur auf die zurückliegenden 150 Jahre unsreres Corps, sondern streift auch Zeiten, die 500 Jahre, 2000 Jahre und sogar 4 Milliarden Jahre zurückliegen. Das hat zum großen Teil mit dem Namensgeber unseres Corps zu tun, dem römischen Architekt Vitruvius, von dem noch die Rede sein wird.

Zunächst möhte ich mich der Hochschulsituation in München vor 150 Jahren zuwenden. Es waren die letzten Regierungsjahre von König Maximilian II., dem Initiator des Baus der nach ihm genannten Prachtstraße in München, sowie des Maximilianeums als Institution zur Ausbildung tüchtiger Beamter. Dieses Gebäude gehört heute zum Körperschaftsvermögen der Universität München. Der Freistaat Bayern mit seinem Parlament ist dort sozusagen "Untermieter". König Maximilian II war auch ein engagierter Förderer der Wissenschaft und lud über viele Jahre hinweg namhafte Gelehrte der Universität und der Akademie in seine Räume in der Residenz ein, um sich mit Ihnen auszutauschen und von Ihnen zu lernen. Diesen Kreis nannte man "Symposion" und die dort verkehrenden Wissenschaftler hießen spöttisch die "Nordlichter", weil die meisten aus nördlichen Regionen Deutschlands an die Universität berufen worden waren. Ihr prominentester Vertreter war der bekannte aus Gießen in Hessen stammende Chemiker Justus von Liebig. Dass unter den "Nordlichtern" zahlreiche Protestanten waren verärgerte die altbayerischen Traditionalisten zusätzlich. Auch ihr meist höheren Gehälter sorgte bei vielen für eine Verstimmung. Auf König Maximilian II geht auch der Maximiliansorden zurück, den zahlreiche prominente Wissenschaftler, Künstler und Schriftstelle seiner Zeit erhielten, unter anderem Alexander v. Humboldt, aber auch der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen.

Es war auch die Zeit der fortschreitenden Industrialisierung Bayerns mit der Errichtung neuer Industrieanlagen, der Verdichtung des Eisenbahnnetzes und sonstiger Verkehrsverbindungen. In dieser Zeit waren gut ausgebildete Fachleute gesucht. Für die Ausbildung von Medizinern, Juristen und Verwaltungsbeamten gab es ja die 1572 in Ingolstadt gegründete, 1803 nach Landshut verlegte und schließlich 1826 von Landshur nach München übersiedelte Universität. Es waren aber auch gut ausgebildete Ingenieure erforderlich, um im beginnenden Zeitalter der Industrialisierung das Land modernisieren zu können. Für sie gab es im Königreich Bayern die 1833 in Augsburg, München und Nürnberg unter König Ludwig I eingerichteten "Poytechnischen Schulen". Zur Weiterqualifizierung von Ingenieuren wurde 1833 an der sieben Jahre zuvor von Landshut nach München verlegten Universität eine "Technische Hochschule" als Bestandteil der Staatswirtschaftlichen Fakulät eröffnet. Das Experiment war jedoch nicht erfolgreich. Ersatzweise wurde 1840 an der Polytechnischen Schule München ein weiterführender "Ingenieurkurs" eingerichtet, der zur Keimzelle der späteren Technischen Hochschule München werden sollte.

Als sich zu Beginn der 1860er Jahre eine Gruppe von Studierenden an der Polytechnischen Schule in München zu einem Freundschaftskreis zusammenfand, wurde darauf geachtet, dass alle Mitglieder eine Schulausbildung hatten, die sie zu einem Studium auch an der Universität München berechtigt hätten. Einer ihrer Wortführer war der aus Landau in der Pfalz stammende Student Emil Paraquin. Er wurde der 1. Senior. Eine Studentengruppierung musste natürlich auch einen Namen haben. Im Kontrast zu den damals üblichen Bezeichnungen von Studentenverbindungen, die sich nach den deutschen Stämmen und Landschaften nannten, wählten sich die angehenden Ingenieurstudenten mit humanistischer Shulbildung den Namen "Vitruvia" nach dem römischen Ingenieur und Architekten "Vitruvius", zu dem ich in Kürze noch etwas mehr sagen werde. Bei der Wahl der Farben kam man zunächst auf Blau-Weiß-Rot, die Farben der französischen Republik (hier ist wohl auch der Einfluß des Landauers Emil Paraquin nicht zu übersehen), sie wurden aber bald ästhetisierend zu Dunkelblau-Weiß Rosa abgeändert. Auch hierin unterschied man sich, zumindest von den anderen Verbindungen in München. Die Wahl des Zirkels durchlief ebenfalls mehrere Stadien, bis schließlich die heutige Form entstand. Ähnliches war bei der Gestaltung des Wappens der Fall.

In diesen ersten Jahren der technischen Hochschule in München erklärten sich einige technische Studentenverbindungen zu Corps und erhielten von der Hochschulleitung dafür eine Lizenz. Dass auch noch heute die technische Universität stolz auf die Studentenverbindungen aus ihrer Gründerzeit ist, zeigt sich auf ihrer Internetseite. Dort findet sich das Bild einer Postkarte aus dem Jahr 1900. Sie zeigt das Hauptgebäude der Hochschule sowie die Wappen und Zirkel der vier Corps: Cisaria, Vitruvia, Rhenopalatia und Germania sowie das Wappen des Polytechnischen Clubs.

 

Wer war nun dieser Vitruvius und warum diente er den jungen Ingenieurstudenten als Vorbild und Namensgeber ihrer Verbindung?

Vitruvius lebte zwischen ca. 85 bis ca. 10 v. Chr. In Rom gibt es eine Vitruvius-Büste. Er hatte als Ingenieur und Spezialist für Belagerungsanlagen Cäsar bei seinen Kriegszügen in den 50er Jahren v. Chr. nach Gallien und Britannien begleitet und später auch Octavian, genannt Augustus, in dieser Funktion gedient. Ausgestattet mit einer gut dotierten Pension durch Augustus konnte sich Vitruvius in seinen letzten Jahren dem Schreiben seiner zehn Bücher "De Architectura" widmen, in denen er das damals bekannte Ingenieurwissen der Antike zu Papier brachte. Es sollen auch Skizzen der von ihm beschriebenen Geräte gegeben haben, die aber verloren gingen. Die Bücher wurden im Römischen Reich fleißig kopiert und galten lange Zeit als Standart-Lehrbuch der Technik.

Mehrere Dutzend Exemplare überlebten mehr oder weniger komplett die fasr 1500 Jahre bis zum Ende des Mittelalters. Auch Karl der Große soll eine Kopie besessen haben. Nach der Erfindung des modernen buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg um 1450, kam es 1484 zum ersten Druck der 10 Bücher des Vitruvius in Lateinischer und 1542 zur ersten Fassung in Deutscher Sprache. Das Corps ist stolz darauf, ein Exemplar der 1548 entstandenen zweiten Deutschen Fassung von Walther Hermann Ryff (genannt Rivius) zu besitzen. Die Bücher des Vitruvius gehörten zu den ersten "Bestsellern" der beginnenden Neuzeit und ihre plötzliche Verbreitung hatte einen erheblichen Einfluß auf die Baukunst der Renaissancezeit. Auch Leonardo da Vinci studierte die Bücher des Vitruvius und orientierte sich an dessen architektonischen Vorstellungen. Er war besonder angetan von der Idee des Vitruvius vom Idealmaß eines Menschen. Seine Zeichnung des "Uomo Vitruviano" gilt nachgerade als "Markenzeichen" des Künstlers und ziert auch die Rückseite der italienischen 1-Euro-Münze. Somit sind wir das einzige Corps, dessen Namensgeber auf einer Geldmünze verewigt wurde und dessen Bild wir ständig mit unsd tragen können. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal!

In der Mitte des 19. Jahrhunderts, im Zeitalter der Technisierung, stieg die Zahl der Erscheinungen von Büchern des Vitruvius steil an. Auch dies hat mit der Gründung zahlreicher Technischer Hochschulen und mit einer besseren und vor allem mehr wissenschaftlichen Ausbildung der Ingenieure und Architekten zu tun. auch aus dieser Zeit besitzt das Corps mehrere Ausgaben der Büch er des Vitruvius, jetzt in der Regel mit vielen Illustrationen, die bei den ersten Ausgaben des 15. Jahrhundets meist noch gefeht hatten.

 

Zum Schluß des Abschnitts über Vitruvius noch ein paar Hinweise zum Inhalt der 10 Bücher:

Er beschreibt unter anderem die für einen Architekten und Ingenieur wichtigen Baustoffe, ferner Geräte für den Bau von Straßen, Gebäuden und Maschinen, vor allem auch Kriegsgeräte zur Belagerung und Verteidigung von Festungen. In dieser Liste dürfen Beschreibungen von Musikinstrumenten (Orgeln) und Uhren nicht fehlen.Von ihm selbst stammt die Erfindung eines unter Wasser abbindenden Mörtels, welche für den Hafenbau eine wichtige Neuerung darstellte. Einen römischen Reisewagen mit einem von Vitruvius beschriebenen und als Hodometer bezeichneten Wegmesser für die vom Wagen zurückgelegte Strecke, ließ Cbr. Günter Schrenk einmal in einer Lehrwerksrätte nachbauen.

Vitruvius hat sich in seinen 10 Büchern nicht nur mit Fragen der Technik auseinandergesetzt, sondern auch mit Fragen der Ethik. Dies war das Thema des Festvortrags von Prof. Dr. Otto Meitinger bei unserem Stiftungsfest vor 25 Jahren gewesen. Es sollte jedem Ingenieur und auch jedem Wissenschaftler während seiner Ausbildung klar gemacht werden, welche Verantwortung er mit technischen und anderen Neuerungen übernimmt und dass er stets zum Wohl der Menschen und der Natur handeln sollte.

Im Jahr 1985 stiftete das Corps der Technischen Universität München eine Vitruvius-Stele des Künstlers Nida-Rümelin. Sie steht im Eingangsbereich des Hauptgebäudes in der Arcisstraße. Die Vitruviusbüste in Rom wird dem Künstler als Modell gedient haben. Dass wir die Stele dort aufgestellen durften, verdanken wir auch dem Einsatz des Altpräsidenten der Technischen Universität München, Prof. Dr. Otto Meitinger, unserem heutigen Ehrengast.

Das Corps Vitruvia unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht nicht nur wegen des Namens von anderen Studentenverbindungen, sondern auch von anderen Corps. Eines dieser "Alleinstellungsmerkmale" ist die über 100-jährige Freundschaft mit dem 1889 gegründeten Trachtenverein "D'Wallberger" in Rottach-Egern. Die ersten freundschaftlichen Bande wurden bereits 1894 geknüpft, als die Vitruven am 17. Juni bei einem Ausflug an den Tegernsee die Wallberger kennenlernten. Die damals entstandene Beziehung wurde zur festen Tradition beider Seiten und viele Vitruven sind passive Mitglieder bei den Wallbergern und unterstützen sie damit. Dies gibt mir die Gelegenheit zur besonders herzlichen Begrüßung von Quirin Berghammer, dem 1. Vorsitzenden der Wallberger.

Ein weiters Alleinstellungsmerkmal besteht darin, dass Vitruvius und indirekt damit auch Vitruvia mit der Benennung eines Kraters auf der Mondvorderseite geehrt wurde. Der vor ca. 4 Milliarden Jahren gebildete Krater mit einem Durchmesser von 29 km liegt an der Grenze zwischen Mare Serenitatis und Mare Tranquilitatis. Nicht weit davon befindet sich der Krater Julius Caesar. Als man vor etwa 30 Jahren damit begann, zur Benennung von Kratern auf der Venus nach Namen von Göttinnen zu suchen, beantragte ich, die sagenhafte Göttin Cisa aus Augsburg, die Namensgeberin für unser Nachbarcorps Cisaria, für einen Krater auf der neu kartierten Venusoberfläche auch zu berücksichtigen, leider ohne Erfolg.

Schließlich möchte ich noch auf eine weitere Besonderheit eingehen. Ich habe Ihnen ein Lebewesen aus der Zeit des Vitruvius mitgebracht. Es handelt sich nicht um einen mumifizierten römischen Soldaten aus dem Alpenvorland, sondern um ein Stück eines Baumes aus dem Fundament einer römischen Straße, die im ersten Jahrhundert n.Chr. in der Nähe von Farchant erbaut worden war. sie wurde kurz nach der Fertigstellung durch eine Mure verschüttet und blieb fast 2000 Jahre lang unangetastet. Eine C14-Datierung in Verbindung mit Dendrochronologie ergab, dass der Baum im Jahre AD 43 gefällt worden war. Er hatte ein Alter von 93 Jahren erreicht, lebte also viele Jahre mit Vitruvius zusammen und atmete die gleiche Luft. An den Wachstumsringen kann man nicht erkennen, dass in dieser Zeit auf der Erde ungewöhnliche Ereignisse stattgefunden hatten, obwohl zu seinen Lebzeiten Jesus Christus geboren und verstorben ist. Für mich ist dieses Stück Holz auch ein zeichen dafür, dass ungeachtet aller Sorgen und Nöte der Menschheit das Leben auf unserer Erde einfach weitergeht und sich gar nicht um uns kümmert und dass wir uns nicht so wichtig nehmen sollten.

Dies möchte ich uns allen mit auf den Weg geben in der Hoffnung, dass es das Corps Vitruvia mit seinen sympathischen und originellen Menschen noch möglichst lange geben wird. Mit diesem 'Wunsch und dem Dank für ihr geduldiges Zuhören möchte ich meine ansprache schließen und Ihnen einen weiteren fröhlichen Verlauf unsere Festkneipe wünschen.

Heinrich Soffel Z! (xx, xx, FM, FM)

 

Auszug aus dem Redetext des 1. Vorstands der Wallberger Quirin Berghammer beim Festkommers

(Zitate aus der Chronik der Wallberger)

1894

"Am Sonntag den 17. Juni 1894 abends versammelten sich die "Wallberger" mit Bewohnern von Tegernsee, im dortigen herzoglichen Sommerkeller, einer Einladung der Münchner Studenten-Verbindung "Vitruvia" zu ihrem diesjährigen Stiftungsfeste Folge leistend. Lustig und fröhlich vergingen die Stunden des Abends unter den Klängen einer von den "Vitruven" mitgebrachten Blechmusikkapelle, und den Comensliedern der Burschen und Philister des Corps. Nachdem der Consenior der Anwesenden für die so zahlreiche Beteiligung am Kollenfeste dankte und bemerkte, daß die Verbindung am anderen Tage Vormittags zu einem Frühschoppen bei Gastwirt Bachmair in Egern sich einfinden werde, erboten sich "die Wallberger" dieselben mit Vereinsfahne an der diesseitigen Uferspitze zu empfangen, was mit Freuden von den Studenten angenommen wurde.

Am Morgen des 18. Juni 1/2 9 Uhr war eine Abteilung der "Wallberger" schon an der angegebenen Stelle gastiert als ein schneidiger Marsch und fröhliche Juchzer das Nahen der Studenten ankündigte. Mit lautem Jubel wurden die gegenseitigen Grüße ausgetauscht, und nachdem alle ihre Schiffe verlassen hatten, ging es unter Sang und Klang dem Gasthause zur Überfahrt zu, wo einige Stehmassen verteilt wurden, und Herr Vorstand Reinhard die Herren herzlich willkommen hieß, von da zog die fröhliche Schar durch unser liebliches Dorf zum Gasthaus Bachmair. Hier ließ man sich in der heitersten Stimmung zum gemeinschaftlichen Frühschoppen nieder. Mit Musikstücken wechselten Schuhplattler und Commerslieder, was im ebenso buntes Durcheinander, wie die kurzen Hosen, Mädchen in Tracht und die Studenten mit ihren Conleumützen, abgab.

Es entwickelte sich eine derartige Gemütlichkeit, daß man da einen Studenten mit grünem "Wallbergerhut" und Bierzipfel, da einen "Wallberger" mit kurzer Hose und Studentenmütze sich beim braunen Naß gütlich tun sah.

Herr II. Vorstand Grieblinger dankte den Herren Studenten für ihren Besuch in unserem Orte und brachte ein dreifaches "Hoch" auf die Verbindung aus, in welches die anwesenden "Wallberger" begeistert einstimmten. Herr Consenior dankte seinerseits den "Wallbergern" im Namen der Verbindung in warmen Worten für den schönen freundlichen Empfang und ersuchte seine Herren Comiltonen auf das Wohl der "Wallberger" eine Salamander zu reiben.

Nach einer Weile ergriff Herr Grieblinger II. Vorstand das Wort, und legte den Herren nahe wie erfreulich ihr Besuch für uns und unsere Gegend sei und lud dieselben ein auch nach Vollendung Ihrer Studien unseres Ortes zu gedenken und von den Mühen ihrer Ämter in den Ferien bei uns auszuruhen. Diese Worte, die mit aufrichtiger Begeisterung angehört wurden, fanden stürmischen Beifall. Nach einigen lustigen Tänzen und Musikstücken ergriff nun Herr Fidel Reiffenstuel das Wort und ehrte in unserer kernigen oberbayrischen Redeweise, in humorvoller Gabe was namentlich den anwesenden norddeutschen Studenten besonders gefiel, und zum Schluß alles in noch heiterer Stimmung versetzte, so daß die Lust zur Fröhlichkeit Ihren Gipfelpunkt erreichte. Um 11 Uhr Mittags ging es unter Juchzen und Musik zu Schiff wieder Tegernsee zu, nachdem die Herren von den "Wallbergern" sich auf das herzlichste verabschiedet hatten, und die angenehme Erinnerung zurück lassend, daß wir wieder einen schönen Tag mehr erlebt hatten.

Die Studentenverbindung "Vitruvia" machte dem Verein "Die Wallberger", für die im vorigen Monat so freundliche Aufnahme, einen prachtvollen Pokal zum Geschenk. Das schöne Geschenk erregte, da dasselbe ganz unerwartet erschien, die größte Freude und Begeisterung."

1913

Die folgende Seite sei unseren Freunden, den Mitgliedern des Corps Vitruvia geweiht, dessen 50jähriges Stiftungsfest unserm Verein allen Anlaß gibt, daßselbe würdig mitzufeiern. Der Verein "die Wallberger" weiß die Ehre wohl zu schätzen, das Corps Vitruvia zu seinen Mitgliedern zählen zu dürfen. 50jähriges Stiftungsfest des "Corps Vitruvia" München 13.-17. Juni 1913.

Dieses fünfzigste Stiftungsfest erfreute sich ganz besonders starker Beteiligung seitens der aktiven und inaktiven Mitglieder des Brps. Anläßlich des Frühschoppens im Gasthof Bartlmä überreichte der Senior des Corps den Wallbergern zum Andenken an diese Feier eine hübsche Erinnerungsmünze, die heute auf einem gestickten Widmungsband auf unserer Fahne prangt. Herzlich wie immer war auch heuer der Abschied von den lieben Freunden.

1914

Unsern lieben Wallbergern!

"Wo den Himmel Berge kränzen, / Nebel wallen um die Kluft,
Wo in Gold die Firnen glänzen, / Bei des Abendschimmers Duft,"
Dorthin treibt uns unser Sehnen, / Dorthin zieht es uns von je
Und auch noch zu allen Dehnen, / Die uns lieb am Tegernsee.
Wo von Wallbergs höchster Stelle / S'Kirchlein gegen Himmel ragt,
Wohnt ein Völklein, treu von Seele, / Hell von Aug, stolz, unverzagt!
Wer um seine Brust geschlungen / Je das blau-weiß-rosa Band,
Singt und hat es stets gesungen: / "Heil Dir, Tegernseer Land!!"
Wie es war, so soll es bleiben, / Immer wieder, Jahr für Jahr,
Wollen auch wir Jungen treiben / Was den Alten heilig war!
Was auf Wallbergs Fahn' geschrieben / Gilt für uns "Vitruven" auch,
Und es bleibt wie es geblieben: "Treu dem guten alten Brauch!!"
I.A. R. Wenzl Corps Vitrivia

 

Samstag, 15. Juni 2013 Bundesconvent im Corpshaus Platzl 5 um 10 Uhr

Der Bundesconvent (BC) ist der formale Höhepunkt eines jeden Bundesfestes. Er ist das höchste Beschlussorgan des Corps. Alle Träger unseres dreifarbigen Bandes haben Sitz und Stimme. Die Inhaber der Corpsschleife (IdC) dürfen beratend daran teilnehmen. Der BC fand exakt am Jahrestag der Gründung unserer lieben Vitruvia im Jahr 1863 statt und wurde vom Senior CB Eberlein geleitet.

Insgesamt haben 59 Corpsbrüder an diesem Convent teilgenommen. Dies waren zwölf CB und iaDB, 45 Alte Herren und zwei IdC (Schnicke und Furtwängler). Die ältesten anwesenden Alten Herren waren die Corpsbrüder Neuer, Gothe und Groebke - jeweils rezipiert im Jahr 1953 - sowie Haarer, rezipiert 1954.

Über den Verlauf und die Beschlüsse des BC existiert ein internes Protokoll.

Nach Ende des BC wurde im Corpshaus ain Mittagsimbiss gereicht.

 

Mitgliederversammlung des Philistervereins Vitruvia e.V. um 13 Uhr

Die Mitgliederversammlung fand im anschluss an den BC statt. Alle Alten Herren und IdC sind zugleich Mitglieder des Philistervereins und haben Sitz und Stimme. Die Versammlung wurde vom 1. Vorsitzenden Corpsbruder Reineke geleitet. Es haben 51 Mitglieder, sowie der Senior des aktiven Corps teilgenommen.

Zu den behandelten Themen zählen Mitgliedsbeiträge, sowie Vermögens- und finanzielle Angelegenheiten (u.a. Unterstützung des Aktivbetriebes). Es fand auch die alle zwei Jahre anstehende Neuwahl des Vorstands statt. Dabei gab es folgendes Ergebnis:

1. Vorsitzender Cbr. Ulrich Reineke
2. Vorsitzender Cbr. Henning von Freeden
Schriftführer Cbr Stefan Kern

 

Festball im Künstlerhaus am Lenbachplatz

Der gesellschaftliche Glanzpunkt des Bundesfestes war sicherlich der Festball am Samstag Abend. Das Künstlerhaus bot hierfür den gewünschten feierlichen Rahmen.

Im Jahr 1900 nach Plänen des Architekten Gabriel von Seidl (Mitglied des Corps Germania München) fertig gestellt, ist es seitdem bekannt für seine Festkultur und ist Teil der Münchner Stadtgeschichte. Bereits zum 50. Bundesfest unseres Corps im Jahr 1913 fand der Festball in den Räumen des Künstlerhauses statt. Auch beim 100. Bundesfest 1963 waren im Künstlerhaus ein Festakt und der Kommers veranstaltet worden.

Die Organisation des Abend lag in den Händen von Corpsbruder Stefan Kern, der dankenswerterweise von seiner Frau Britta unterstützt wurde und in der Schlussphase durch unseren CB Schumann.

Ab 18 Uhr trafen die Corpsbrüder mit ihren Damen und die Gäste festlich gekleidet im Innenhof des Künstlerhauses ein. Bei prächtigem sommerlichen Wetter wurde dort ein Aperitif gereicht und man unterhielt sich in wechselnden Gruppen an Stehtischen oder konnte in der Abendsonne umher spazieren.

Die Ballgesellschaft bestand aus insgesamt 200 Personen. Dabei wurden (jeweils einschließlich der Damen) 121 Vitruven, 37 Freundschaftscorpsbrüder von Teutonia und Montania, 30 Wallberger und 12 weitere Gäste gezählt.

Kurz nach 19 Uhr betrat man das Foyer des Künstlerhauses. Dort trugen sich alle Anwesenden in das Gästebuch ein und konnten auf einem Plan die Sitzordnung für das sich nun anschließende dîner dansant einsehen. Über eine breite Treppe ging es hinauf in den Festsaal, wo an prächtig geschmückten runden Tischen der Hauptteil des abenda begann. Noch schien die Abendsonne in den Saal und beleuchtete auch den Blumenschnuck in Form von rosafearbenen Pfingstrosen, welche das Ehepaar Kern bereitgestellt hatte.

Nach einer offiziellen Begrüßung durch den Senior begann die aus fünf Musikern und einer sängerin bestehende Liceband zu spielen; zunächst dezent, denn es sollte ja zuerst nur eine musikalische Untermalung des nun gereichten Essens sein. Das 3-gängige Menü wurde von einer kleinen Armada von Bediensteten serviert und fand großen Anklang. Zwischen den Gängen durfte - wie es der Name dîner dansant schon ausdrückt - das Tanzbein geschwungen werden. Damit wurde nicht nur der Kreislauf der Anwesenden, sondern auch die allgemeine Stimmung angeregt.

Nach dem Essen wurde deutlich, dass ein Festball primär eine Tanzveranstaltung ist, denn nach einigen klassischen Eröffnungstänzen - die vor allem die älteren Semester aufs Parkett lockten - wurden die Schritte immer beschwingter und die Klänge immer heißer und die zugeführten Kalorien konnten angebaut werden. So manchem männlichen Tänzer wurde bewusst, dass ein Smoking keine Sportbekleidung ist. Da hatten es die Damen in ihren leichten, aber luftigen Ballkleidern besser getroffen.

In den Tanzpausen wurden in einem separaten Raum von dem für den Abend engagierten Fotografen Einzelfotos von allen Tanzpaaren, sowie - für die Fotogalerie des Corpshauses von allen Corpsbrüdern gemacht.

Eine Auflockerung des abends war eine grandiose Tanzeinlage der Wallberger in ihren prachtvollen Festgewändern - die Damen mit blumengeschmückten Dekolletées. Diese Darbietung wurde mit stehenden Ovationen belohnt. Der jüngste Fuchs Marcel Grödl hielt eine launische Damenrede, welche ebenfalls - nicht nur von den Damen - herzlich beklatscht wurde.

Die allgemeine Stimmung wuchs mit fortschreitender Nachtstunde. Trotzdem traten gegen Mitternacht die ersten, vor allem älteren, Ballgäste den Weg nach hause an. Die jüngeren tanzten und feierten bis in den frühen Morgen.

Es hat allen riesigen Spaß gemacht und wir können mit dem Kurfürsten Friedrich von der Pfalz mit Fug und Recht ausrufen "S' war halt doch ein schönes Fest ....".

 

Sonntag, 16. Juni 2013 Ausklang am Tegernsee

Den letzten Tag des Bundesfestes verbringen die Vitruven seit über hundert Jahren am Tegernsee gemeinsam mit den Wallbergern. Damals fuhr man mit der Bahn vo München nach Gmund, wo die Wallberger die ankommenden Vitruven mit Fahnen abholten und per Boot über den See zum Ort Tegernsee und nach Rottach brachten. Über viele Jahrzehnte war ein Frühschoppen im Herzoglichen Bräustüberl Tegernsee fester Bestandteil der Veranstaltungen. Das Bräustüberl ist das ehemalige Refektorium des Klosters und laut eigener Beschreibung "... ein tegernseeisch-altbayyerischer Traditionstempel, der auch ein (H)Ort der wahren Kommunikation von Mensch zu Mensch war, bei der man sich anschaut und anlacht, ohne Unterschied des Geldbeutels, des Titels, der Herkunft und der Religion."

Darüber hinaus berichtet das Bräustüberl über seine Historie: "Gewinnträchtig war dabei für das Kloster der so genannte "Bierverschleiß", also der öffentliche Ausschank und der Verkauf an die Wirte. Hierüber wiederum hielt die Obrigkeit strenge aufsicht; denn für das verkaufte Bier war eine Steuer zu bezahlen."

Der Ausklang des 150. Bundesfestestes begann also auch im Bräustüberl. Der Bierverschleiß beim Frühschoppen an diesem Tag ist dem Chronisten nicht bekannt. Die Stimmung war aber in den alterwürdigen Mauern durch das gute Tegernseer Bier schnell dem Wetterhoch dieses Sonntags angepasst.

Gegen 13 Uhr traf man sich dann an der Vereinshütte der Wallberger im Lori Feichta. Dort luden die Wallberger bei strahlendem Sonnenschein auf der Wiese zu einem Stehempfang. Junge Wallbergerinnen reichten in ihren feschen Dirndln Getränke und lecker garnierte kleine Brötchen. Eine schöne Gelegenheit zu angeregten Gesprächen zwischen Vitruven und Wallbergern in herrlicher Umgebung mit Blick auf den danach zu erklimmenden Wallberg.

Kurz vor 14 Uhr fuhren die Pferdegespanne vor und alle Anwesenden bestiegen gut gestärkt nach und nach die Daxwagen - jeweils etwa 20 Personen pro Wagen. Die Kutscher waren alle Mitglieder der Wallberger. In einer gemütlichen Fahrt ging es im Konvoi, der einem kleinen Festzug glich, über die Wiesenwege und durch Ortsteile von Rottach-Egern zur Talstation der Wallbergbahn. Die Anwohner, für welche wir Vitruven ja ein Begriff sind, winkten uns aus ihren Gärten und blumengeschmückten Häusern fröhlich zu.

Die Auffahrt zum Wallberg mit der Seilbahn war sicher weniger anstrengend, als eine früher übliche Bergbesteigung zu Fuß. Dabei sollte erwähnt werden, dass auch in den letzten Jahren manche Corpsbrüder mit Damen den Fußweg gewählt haben, um die in den Vortagen erworbenen Kalorien und Promille wieder abzubauen.

Der relativ kurze und ebene Fußweg von der Bergstation zum Wallberg Kircherl glich einer Prozession mit Fahnen und den am Gedenkstein niederzulegenden Kränzen. Das Kircherl war festlich geschmückt, aber wegen der großen Zahl der Teilnehmer fand das Gedenken auf der Wiese unterhalb statt. Die Abordnung der Wallberger und die Chargierten unserer Vitruvia nahmen mit ihren Fahnen Aufstellung. In ihren Ansprachen erinnerten unser Corpsbruder Christian Voss und der 1. Vorstand der Wallberger Quirin Berghammer an die gefallenen Mitglieder in den beiden Weltkriegen und es wurde der im letzten jahr Verstorbenen gedacht - bei uns Vitruven war dies unser Corpsbruder Wulf Thommel. Sodann wurde ein Vaterunser gebetet und die Kränze wurden am Gedenkstein im Eingangsraum des Kircherls niedergelegt.

Nach kurzem Verweilen auf der Terrasse des Bergrestaurants traten alle die Abfahrt mit der Seilbahn an. Ein Bus, gesteuert vom Ehrenvorstand der Wallberger, Karl Kölbl, brachte die "Gipfelstürmer" zurück zur Vereinshütte der Wallberger. Dort begann am frühen Abend der fröhliche Teil des Bundesfest-Ausklangs - bei immer noch milden Temperaturen fühlten sich alle sehr wohl auf der Wiese und unter den Bäumen.

Am Ende des Bundesfestes blickten der AH-Vorsitzende und sein Stellvertreter nachdenklich drein und der Senior ging zu Boden.

Dabei scheinen einerseits Überlegungen eingesetzt zu haben, ob sich so ein großartiges Ereignis, wie dieses 150. Bundesfest wiederholen läßt, und andererseits bringt dies zum Ausdruck, dass der volle Einsatz in den vergangenen Tagen seinen Tribut gefordert hat.

Alle Teilnehmer waren sich einig, dass sie ein feierliches und fröhliches Bundesfest erlebt haben, welches noch lange in bester Erinnerung bleiben wird. Zwei der drei Mitglieder des Redaktionsteams hatten bereits das 100. Bundesfest 1963 mit gefeiert, ebenso wie eine Reihe anderer Alter Herren mit ihren Damen. Das 150. Bundesfest braucht den Vergleich nicht zu scheuen. Wir wünschen unseren jüngsten Corpsbrüdern, dass sie gleichermaßen das 200. Bundesfest erleben werden. In diesem Sinne hoffen wir auf ein vivat, crescat, floreat unserer lieben Vitruvia.